Alleinerziehende Mutter, die von ihrem eigenen Sohn betrogen wurde, kaufte eine Hütte für 25 Cent – und deckte dann ein schreckliches Geheimnis auf
Die Herbstsonne warf lange Schatten über die Stufen des Gerichtsgebäudes, als Eleanor Morgan mit geradem Rücken dastand und ihre Handtasche etwas zu fest umklammerte. Mit ihren 63 Jahren hätte sie nie gedacht, dass sie noch einmal von vorne anfangen müsste. Und doch stand sie genau hier. Die zerknitterte Auktionseintreibung flatterte im Wind, ein Versprechen auf einen Neuanfang, in bürokratischer Sprache verfasst.
Hinter ihr zappelte die achtjährige Sophie, die die Leine von Max festhielt, einem alternden Golden Retriever, dessen Schnauze schon lange weiß angelaufen war. „Oma, bist du dir da sicher?“, flüsterte Sophie und fand mit ihrer kleinen Hand die von Eleanor. Eleanor drückte zurück und zwang sich zu einem Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte.
Sechs Monate nach Richards Tod, zwei Monate, nachdem ihr Sohn Michael und dessen Frau sie dazu manipuliert hatten, das Familienheim abzuschreiben, fühlte sich der Verrat immer noch wie eine offene Wunde an. „Manchmal gibt das Leben dir eine zweite Chance, mein Schatz“, antwortete Eleanor, ihre Stimme war fester, als sie sich fühlte. „Dein Großvater hat immer Geschichten über Oakidge erzählt. Vielleicht hat er uns ja die ganze Zeit nach Hause gewiesen.“
Max stupste Eleanors Hand mit seiner nassen Nase an, als wolle er ihr seine eigene Bestätigung anbieten. Der treue Hund war Richards ständiger Begleiter seit zwölf Jahren gewesen. Nun war er Eleanors Beschützer geworden, der auf eine Weise zu spüren schien, wann ihre Trauer sie zu überwältigen drohte. Die Türen des Gerichtsgebäudes schwangen auf und entließen einen kleinen Strom von Menschen auf die Stufen.
Die meisten trugen die praktische Kleidung des ländlichen Amerikas: Jeans, Flanellhemden und wettergegerbte Stiefel, die von Leben zeugten, die nah an der Scholle geführt wurden. Eleanor glättete ihre Bluse, plötzlich bewusst ihrer städtischen Kleidung.
Die Auktion
Der Auktionssaal roch nach Staub und altem Holz. Sophie ließ sich auf einem knarrenden Stuhl nieder, Max rollte sich schützend zu ihren Füßen zusammen. Der Auktionator, ein dünner Mann mit ständig umherschweifenden Augen, blätterte an seinem Pult in seinen Unterlagen.
„Nächster Posten“, kündigte er an, seine Stimme ohne den üblichen Enthusiasmus seines Berufsstandes. „Los 17, Hütte am Crow’s Ridge, zwölf Acres, Brunnenwasser, Nebengebäude. Eröffnungspreis: 25 Cents.“ Ein Murmeln ging durch die kleine Menge. Eleanor blinzelte, sicher, dass sie falsch gehört hatte. 25 Cents für zwölf Acres mit einer Hütte.
In ihrer Peripherie bemerkte sie, wie sich mehrere Männer im Raum unbehaglich bewegten, ihre Blicke überall, nur nicht auf dem Auktionator. „25 Cents“, rief Eleanor, ihre Stimme klang in der plötzlichen Stille zu laut. Der Hammer des Auktionators schwebte, seine Augen musterten erwartungsvoll den Raum. Die Stille dehnte sich und wurde unangenehm. Es gab keine Gegenstimmen.
„Zum ersten Mal“, rief der Auktionator mit seltsam hohler Stimme. Eine ältere Frau vorne im Raum drehte sich um und starrte Eleanor an. Ihr wettergegerbtes Gesicht zerfurchte sich in etwas, das erschreckend wie Mitleid aussah. Etwas Kaltes kroch Eleanor die Wirbelsäule hinunter.
„Zum zweiten Mal.“
„Sie wollen dieses Anwesen nicht, Liebes“, flüsterte die Frau eindringlich und streckte eine knorrige Hand nach Eleanor aus. „Vertrauen Sie mir.“
Der Hammer krachte mit einem Schlag, der wie ein Schuss widerhallte. „Verkauft an die Dame im blauen Mantel für 25 Cents.“
Als Eleanor zum Pult ging, um ihren Kauf abzuschließen, zerstreute sich die Menge mit ungewöhnlicher Eile. Fragmente von gedämpften Gesprächen drangen zu ihr. „Hätte sie warnen sollen.“ „Niemand war seit 15 Jahren mehr drin.“ „Was ist mit Thomas passiert?“
Die Hände des Auktionators zitterten, als er ihr die Urkunde übergab. Seine Augen vermieden sorgfältig ihre. „Ma’am, wenn es Ihnen nichts ausmacht, planen Sie, dort zu wohnen?“
„Ja“, antwortete Eleanor. „Meine Enkelin und ich brauchen einen Neuanfang.“
Das Gesicht des Mannes wurde fahl. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, schloss ihn dann aber mit einem scharfen Kopfschütteln. „Viel Glück Ihnen“, murmelte er und wandte sich bereits ab.
Eine alte Bekannte
Draußen war Eleanor überrascht, die ältere Frau warten zu sehen, die sich schwer auf einen Stock stützte. „Martha Wilson“, stellte sie sich ohne Umschweife vor. „Ich bin seit 72 Jahren in Oakidge. Diese Hütte, die Sie gekauft haben, hat eine Geschichte, Mrs. Morgan.“
„Eleanor Morgan“, korrigierte sie kurz. „Und das hier ist meine Enkelin Sophie und unser Hund Max.“
Marthas Augen wurden weicher beim Anblick des Kindes, verhärteten sich aber wieder, als sie Eleanor ansah. „Morgan, irgendeine Verwandtschaft mit Richard Morgan aus Chicago?“
Eleanor spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Mein verstorbener Mann, woher…“
Martha unterbrach sie, ihre Stimme zu einem Flüstern gesenkt. „Die Hütte gehörte Thomas Harrison. Er und Ihr Mann waren einst Freunde. Damals.“
„Das ist unmöglich“, sagte Eleanor, ihr Hals plötzlich trocken. „Richard hat nie erwähnt, jemanden hier zu kennen.“